…wie man es auch dreht und wendet. Denn mit der Liebe ist es wie mit dem Glauben. Mal ist sie laut, mal ist sie leise. Mal stärker und mal schwächer. Aber ein steter Begleiter wird ihr Freund und Feind der Zweifel sein. In friedlicher Coexistenz mit dem Herzen fällt er uns kaum auf, sodass wir meinen bedingungslos zu fühlen und zu lieben. Frei von Fragen, Ängsten und seelischen Abgründen glauben wir an die Ewigkeit. Der schmale Grat zwischen Romantik und Wahnsinn, der uns zehn Zentimeter über dem Boden schweben lässt, sodass wir noch weich fielen, würde uns die Liebe fallen lassen. Das ist die Zeit, in der wir schlecht hören und sehen. Das ist die junge Liebe. Unbegrenzt und visionär, frei und leicht erscheint sie uns.
Später hören wir wieder besser und wir sehen klarer. Wir hören was wir begehren und hören wohin wir wollen. Gemeinsam gehen wir den Weg. Gesäumt von Blumen, gespickt mit Steinen, mal spitz mal flach, recht ungefährlich, mal hügelig mal eben, Täler sehen wir nur aus der Ferne und blicken verschmitzt vom Gipfel, den Blick geradeaus gerichtet. In weiter Ferne die Zukunft, kein Wölckchen trübt die Sicht. Es ist windstill.
Der Tag des Sturms verändert. Dich und mich. Das Hören und das Sehen. Und manchmal auch die Zukunft. Er bringt Ängste und er bringt Schmerz. Er trägt fort und er zerstreut. Wir hören schlecht im Tosen des Windes, wir sehen kaum, weil es duster ist. Wir zweifeln, dass es je wieder ruhig wird und der Himmel aufklart. Wir brauchen Geduld.
Der Zweifel hat die Liebe übertönt. Er brüllt mit weit aufgerissenen Augen. Ihre Stimme erstickt der Wind. Er hat die Kraft eines Orkans und hinterlässt ihr wildes Durcheinander. Die schwarzen Wolken hat der Wind wieder mitgenommen. Den Zweifel auch. Es ist nun wieder still. Wir hören wieder deutlich und sehen klar. Wir hören den Herzschlag und sehen den Schaden. Die Liebe ist geblieben. Gemeinsam mit der Kraft und der Hoffnung beseitigt sie Chaos und Unordnung. Die Liebe lernt. Die Liebe erträgt.
Lächelnd ist sie sich dessen bewusst, dass nur weil im Herbst die Blätter fallen und der Winter unendlich scheint, es donnoch immer wieder Frühling wird. Denn sie ist geduldig.
Was es ist
Es ist Unsinn
sagt die Vernunft
Es ist was es ist
sagt die Liebe
Es ist Unglück
sagt die Berechnung
Es ist nichts als Schmerz
sagt die Angst
Es ist aussichtslos
sagt die Einsicht
Es ist was es ist
sagt die Liebe
Es ist lächerlich
sagt der Stolz
Es ist leichtsinnig
sagt die Vorsicht
Es ist unmöglich
sagt die Erfahrung
Es ist was es ist
sagt die Liebe
(Erich Fried)