Single bells

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Eigentlich passiert gerade gefühlt rein gar nichts. Das Leben plätschert gemächlich vor sich hin, der Sommer hebt den Rock und zeigt ein wenig Bein, ein kleiner Vorgeschmack auf das was uns zum Glück noch bevorsteht, und ansonsten geht man wie gewohnt seiner Arbeit nach, trifft sich dann und wann mit Freunden und versucht sich die Existenz so schön wie möglich zu gestalten.

Wenn ich mir allerdings die letzten beiden Mails an Basti durchlese, waren die letzten Woche irgendwie doch ziemlich turbulent. Rückblickend ist die ein oder andere Situation zum Schreien komisch, weniger Lachen möchte ich dann, wenn ich merke, wie wenig ich meiner Intuition und inneren Stimme vertraut habe. Das ist wohl die erste Erkenntnis, die mich dieses Jahr gelehrt hat. Bevor ich anderen vetraue, vetraue ich doch lieber erstmal mir selbst. Wäre ich ein wenig früher auf die Idee gekommen und hätte diese dann auch praktiziert, hätte ich dem letzen Typen nach dem ersten Date den Mittelfinger fein säuberlich ausgestreckt unter die Nase gehalten, wäre in das nächste Taxi gesprungen und hätte mich aus dem Staub gemacht, ehe man sich in Situationen wiederfindet, die einem parkinsonähnliches Kopfschütteln entlocken – verbuchen wir es unter „neue Erfahrungen“.

Neu ist wohl überhaupt alles, wenn man nach langen Jahren an Beziehung wieder auf den Singlemarkt gespuckt wird und nach den ersten Monaten erkennen muss, dass man bisher irgendwie in einer Parallelwelt gelebt hat, fernab der harten Realität eines Singlemädchens kurz vor der angsteinflößenden 30. Dass ich jemals einem Alter das Attribut angsteinflößend gebe, war mir bislang ferner, als es im Moment scheinen mag. Vielmehr spricht an dieser Stelle ein wenig Entsetzen aus mir oder einfach Unverständnis, wie Dinge, die bislang so einfach funktioniert haben, so unendlich kompliziert geworden sind. Oder sind es einfach nur wir, die alles verkomplizieren?  Vielleicht blickt man in den jungen Zwanzigern viel unverdrossener in die Zukunft, ist nicht ganz so vorbelastet und das Wort Erwartungshaltung entsprang maximal dem Wortschatz unserer Eltern. Was mich die letzten Monate gelehrt haben ist, dass heute für die Alterklasse 3.0 offenbar noch drei Typen Mann übrig geblieben sind. Erstens, der gute Fang der schon seit Abizeiten vom Markt ist und Streber-Sabine geheiratet hat, jetzt aber eine Langzeitliason für den Pepp nebenher sucht, weil Jugendlieben mit 32 eben auch knittrig werden. Mit Pepp meint er eigentlich Popp, lockeren, hemmungslosen und unverbindlichen Sex, eben das, was Sabine nicht mehr bringt oder noch nie brachte. Was das möglicherweise alles sein kann hat er von seinen coolen Singlekumpels gelernt. Ihr wisst schon, die, die jeden Abend eine andere umgrätschen und neben dem 100er Kondomkarton auf dem Nachttisch auch Zahnbürsten to go in ihrem Badezimmer horten. Das ist dann auch unsere Typ Nummer zwei. Ein fröhliches und partytaugliches Wesen, im Herzen einsam aber zwischen A wie Anja und Z wie Zoé war einfach nicht die Richtige dabei. Er versorgt seine verheirateten Kumpels mit wilden Bettgeschichten all seiner Errungenschaften, vergisst dabei allerdings zu erwähnen, dass er so betrunken war, dass die gefühlten drei Stunden tatsächlich zehn Minuten waren und er trotz der romantischen after-Party-Morgenröte, die sein Schlafzimmer erhellte, lieber ein GPS benutzt hätte, um sich zwischen den Schenkeln seiner Eroberung zurechtzufinden. Wesentlich harmloser ist Typ Nummer drei. Bei ihm ist Frau vor Übergriffen jeglicher Art sicher, denn man weiß nie so wirklich, ob man eher sein Kumpel oder doch die Schwester ist, die er nie hatte. Bei ihm stecken wir ganz tief in der Prüfungsphase. Die Dates – ja dieser Mann datet noch – sind seine Plattform sich als belesener Weltenbummler mit Horizont zu präsentieren und zeitgleich das leere Blatt für uns Frauen, auf dem wir ahnungslos unser Motivationsschreiben für ihn verfassen. Schnell wird klar, dass dem Gerechten niemals jemand gerechter werden kann als er selbst und die Sache endet getreu dem Motto „lachend in die Kreissäge gelaufen“, da man ja eigentlich schon voher wusste, was am Ende feststand.

Vielleicht ist genau das der Grund der Besorgnis erregt und ehemals geradlinige und selbstbewusste Frauen ins Wanken bringt. Wir kommen erst gar nicht in die Verlegenheit mal wieder etwas auszuprobieren, weil die Dinge zum Scheitern verurteilt sind, ehe sie überhaupt begonnen haben. Klar, dass man da anfängt zu hinterfragen, was denn eigentlich schief läuft, was man selbst erwartet und was man zu geben hat. Sind wir nicht mehr gut genug, haben wir das Glück verplempert oder einfach nur den Spießerzug nach Hochzeitshausen verpasst?

Heute brauchen wir also neben dem dicken Fell auch noch eine Schnittschutzhose oder besser gleich einen Ganzkörperanzug, Stahlkappen in den Schuhen und eine Familienpackung Kopfschmerztabeltten, wenn wir mal wieder zu viel darüber sinieren, was eigentlich verkehrt läuft. Oder aber, wir lassen das mit dem Drumrum- und Todgedenke mal sein und sind uns einfach mal selbst genug.

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